Zum Inhalt springen

75 Jahre Aachener Friedenskreuz:Wenn viele Menschen an vielen Orten kleine Schritte tun

An der Kante
In seiner zweiten Jubiläumswoche zog das Aachener Friedenskreuz von Krefeld über Willich, Mönchengladbach und Erkelenz nach Jülich

In seinen ersten 75 Jahren steht das Aachener Friedenskreuz dafür, Menschen und ihre Sorgen, Nöte, Hoffnungen und Visionen zu verbinden. So auch in der zweiten Jubiläumswoche. Traditionelle Wallfahrten mit dem Kreuz reihten sich an besondere Gottesdienste, eine Konzertlesung und einen Kreuzweg der Arbeit mitten durch die Gladbacher Innenstadt.

Der Ukraine-Krieg überschattet das Jubiläum des wuchtigen Kreuzes aus Aachen und gibt ihm zugleich eine ungewollte Aktualität. So auch beim Friedensgottesdienst auf dem Außengelände von Klein Jerusalem in Willich-Neersen. Ob Bürgermeister, Pfarrer, Gemeindereferentin, Schülerin oder zwei Frauen mit ukrainischen Wurzeln: Ihre Gedanken und ihre Hommage an den Frieden rührten die Gottesdienstgemeinde zutiefst. In solchen Momenten ist das Friedenskreuz als stummer Wegbegleiter und mit dem eindringlichen Christus-Gesicht Herausforderung und Trost zugleich.

Brückenbau zur Versöhnung auch beim Segensgottesdienst in der Citykirche Alter Markt in Mönchengladbach, am historischen 8. Mai. Ging es bei diesem Gottesdienst unter dem Regenbogen um die Situation queerer Menschen in der katholischen Kirche, so stellte Oberbürgermeister Felix Heinrichs eine Querverbindung zum Friedenskreuz her. Er schlug einen Bogen zum Friedensthema und zum Thema Ausgrenzung und Menschenrecht - was naheliegt, denn Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg.

Beim Kreuzweg der Arbeit, für Frieden und Solidarität, ein paar Tage später, wurde dieser Gedanke noch einmal vertieft. Wo soziale Ungerechtigkeit herrscht, ist der Friede gefährdet. Das ist keine abstrakte Trockenübung, sondern hat mit konkreten Missständen und konkreter Solidarität vor Ort zu tun. Der Kreuzweg führte vorbei an ehemaligen Fabriken und Arbeiterhäusern zum Treff am Kapellchen, der eine Vision für ein menschenwürdiges Leben und für gesellschaftliche Teilhabe mit und ohne Erwerbsarbeit verfolgt.

Am folgenden Samstag leitete eine liebevoll vorbereitete Friedenswallfahrt das Kreuz und mit ihm pilgernde Menschen von Venn über Hardt und Rheindahlen bis nach Rath-Anhoven. Kinder und Jugendliche brachten sich mit Friedenszeichnungen und Friedensliedern ein. Und am Sonntag erinnerte das Friedenskreuz an die dritte Deutung, was Frieden bedeutet und braucht. Denn nicht nur Abwesenheit von Gewalt ist Frieden, nicht nur der Ausgleich sozialer Ungerechtigkeit, sondern auch der Frieden mit Natur, Umwelt und Klima. Dafür steht das Kreuz ebenfalls in seiner 75-jährigen Geschichte.

Bei einem Gottesdienst an der Kante in Erkelenz-Lützerath brachte Manfred Esmajor in seiner Predigt im Angesicht des Braunkohletagebaus und der klimaschädlichen Verstromung von Kohle diese Deutung auf den Punkt: "Als Friedenskreuz steht es gegen den Klimakrieg. Das Wort 'Krieg' meine ich nicht bildlich, sondern wörtlich, weil der Klimawandel schon jetzt Menschenleben im Süden der Erde vernichtet, weil er schon jetzt Nahrung, Wohnung und Lebensbedingungen zerstört."

Ähnlich eindringliche Worte fand später Dr. Stefan Voges, geistlicher Beirat von pax christi im Bistum Aachen, bei einer Konzertlesung in der Jülicher Propsteikirche St. Mariä Himmelfahrt, virtuos an der Orgel flankiert durch Prof. Michael Hoppe, Kirchenmusikdirektor des Bistums Aachen. Hier wie in Lützerath wie in Mönchengladbach die gleiche Botschaft: Wenn viele Menschen an vielen Orten kleine Schritte tun, kann sich etwas bewegen. Dafür schärft das Friedenskreuz auch heute den Blick. Fazit etwa von Manfred Esmajor: "Das Kreuz zu betrachten und zu tragen, gab einen unmittelbaren Anstoß zur Besinnung. Es herrschte eine ermutigende Atmosphäre, welche die Gemeinschaft spüren ließ und die Hoffnung stärkte."

Friedenskreuz unterwegs

10 Bilder