"Ich persönlich finde es unfassbar schwierig, meine Gedanken bei diesem Thema klar zu strukturieren und einen roten Faden zu finden. Frieden, Versöhnung, Gerechtigkeit, aber auch Gewalt und Krieg sind nicht nur unumgänglich miteinander verbunden, sondern auch enorm komplex. Es sind Fäden, die kein Ende haben und anstatt parallel zueinander zu laufen, sind sie ineinander verwoben und es ist unmöglich sie zu entwirren.
Demnach denke ich, dass wir nicht wüssten, was Frieden wäre, hätte es keinen Krieg gegeben. Wir wüssten nicht, wie sich Versöhnung anfühlt, hätten wir uns nicht gestritten. Gerechtigkeit existiert, weil Ungerechtigkeit existiert. Und hier werden viele nicht mit mir übereinstimmen und das verstehe ich, denn ich tue es auch nicht völlig. Denn wir sind zu weit gegangen.
Meiner Meinung nach ist es völlig in Ordnung, wenn Menschen, Gruppen, Länder, Nationen Streitigkeiten haben, in Dispute verwickelt oder sich uneinig sind. Es gehört zur menschlichen Natur, dass wir alle unsere eigenen Gedanken und Meinungen haben. Genauso allerdings scheint es auch, als lägen Blutrünstigkeit und Erbarmungs-, Kompromiss- und Empathielosigkeit in unserer Natur. Menschen sind bereit, andere leiden zu lassen aus den unterschiedlichsten Gründen, und die Mehrheit dieser Gründe empfinde ich als, ganz einfach gesagt, blöde und ungerecht.
In meinen Augen haben wir Frieden und Versöhnung verlernt. Vielleicht konnten wir es auch nie wirklich gänzlich richtig. Aber wir sind immer noch eine lernfähige Spezies. Es fängt schon im Kleinen an. Sei nicht zu lange böse auf deinen Nachbarn, der jetzt schon das dritte Mal in Folge seinen Müll nicht rausgebracht hat und starte lieber eine lösungsfähige Konversation. Sag deinem Mitbewohner, er soll doch bitte sein Geschirr selber abwaschen, anstatt passiv aggressiv zu sein. Schreib nochmal den Verwandten, die sich nie von selber melden, ist doch egal, dann machst du es halt.
Wenn alle so denken würden, wenigstens ein bisschen mehr, dann hätten wir mehr Frieden, davon bin ich überzeugt. Denn im Endeffekt ist es doch "leben und leben lassen". Lasst die Menschen glauben, was sie wollen, leben, wo sie wollen, sagen, was sie wollen. Und solange es niemandem schadet, sehe ich da kein Problem. Und wenn es jemandem schadet (und das wird es am Ende des Tages), dann lasst uns nicht zur Gewalt greifen. Dadurch lernt niemand.
Redet, lest, bildet euch und andere, lernt aus ihren und euren Fehlern und vor allem: Fühlt euch nicht zu schnell angegriffen. Denkt nach, bevor ihr den Mund aufmacht (ich weiß, es ist oft schwierig). Ihr wisst nie, was eine andere Person gerade durchmacht und was ihre Motive sind zu tun, was sie tut, oder zu sagen, was sie sagt."
Kathi
Katharina Kock, Gerderath, geb. 2003. Abi vor zwei Jahren, dann im Oberhausener Friedensdorf tätig, momentan im Auslandsjahr in den USA. Sie beschäftigt sich gerne mit Sport, Politik und Kindern.
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